Rezension - "Sie wäre König" von Wayétu Moore
- Steve Oh
- 25. März
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Apr.

"Sie wäre König" (2018)
Wayétu Moore
Deutsche Ausgabe (2021)
Akono Verlag Leipzig
445 Seiten
Die 8. Station auf meiner literarischen Weltreise führt mich nach Liberia, einem Land, von dem ich fast nichts weiß und auf das ich sehr gespannt war bzw. immer noch bin.
Um es ganz direkt vorneweg zu sagen: Das Buch ist viel zu dick! Die Geschichte hätte man auch auf unter 300 Seiten erzählen können. Vor allem das erste Drittel hat sich sehr gezogen und führte dazu, dass ich das Buch beiseite legen musste und mehrere Monate nicht weiterlas, bevor ich wieder die Motivation fand, mich der Geschichte erneut zu widmen. Das Gute; die Geschichte wird in den folgenden 2/3 etwas besser.
Auf den letzten 25 Seiten habe ich mich dann allerdings gefragt, warum man zu Beginn die Herkunft von gleich drei Hauptfiguren über ca. 150 Seiten hinweg mehr oder weniger aus der Ich-Perspektive einführt, wenn man schlussendlich gar nichts mit diesen Figuren anfängt bzw. zwei davon förmlich verschwinden. Apropos "Verschwinden", das kann nämlich eine der Hauptfiguren; sich unsichtbar machen. Der andere hat unverwundbare Haut und unsere gute Gbessa kann nicht sterben. Warum diese übernatürlichen Gaben in der Geschichte vorkommen, kann ich allerdings nicht sagen. Sie spielen für die Handlung schlicht keine Rolle. Nun mag zwar Aberglaube ein nicht geringer Teil der Kultur einiger afrikanischer Stämme sein, aber warum diese Fähigkeiten im Buch wie eine real existierende Tatsache beschrieben werden und die drei (bzw. eigentlich nur zwei) sich durch französische Kolonialisten schlachten wie die Fantastic Four, wirkt doch etwas seltsam.
Die Geschichte nur aus Gbessa's Perspektive zu erzählen, wäre hier, meiner Ansicht nach, die bessere Wahl gewesen. Gbessa ist die Hauptfigur, mit der das Buch beginnt und mit der dieses auch wieder endet. Zwischendurch verschwindet sie zwar ebenfalls in der Versenkung, während die beiden anderen eingeführt werden, nur um dann wieder die Handlung komplett zu übernehmen. Ihr Eintritt in die gehobene Gesellschaft der "Rückkehrer" wird dabei in ein paar wenigen Sätzen damit erklärt, dass sich Gerald sie halt eben als Braut ausgeguckt hat. Wieso, weshalb? Ach, nicht so wichtig! Ja, danke auch. Das ist faul geschrieben und langweilig zu lesen.
Generell wird die Diskrepanz zwischen den Stämmen und den aus der Sklaverei zurückgekehrten viel zu wenig beleuchtet. Wo sind die Spannungen? Wo die Konflikte? Interessant wäre ja genau das gewesen! Wie kommen die Stämme mit den rückkehrenden Sklaven um, die früher zu ihnen gehört haben und nun, ohne dass sie dies wollen, einen zweiten Kolonialismus unter "ihresgleichen" führen und sich dabei teils bewusst, teils unbewusst als überlegen aufspielen.
Am Ende ist es eine recht generische Geschichte über Kolonialismus, Sklaverei, Vertreibung etc. und mittlerweile habe ich so einige Bücher hinter mir, die das Thema mehr oder weniger ähnlich durchgeeiert haben. Daher werde ich bei meiner restlichen Weltreise mehr darauf achten, andere Themen mehr Beachtung zu schenken.




Kommentare